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Die aktuelle Gesetzeslage und ihre Auswirkungen

Nach der jetzigen Fassung des § 218 StGB sind Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich rechtswidrig -Gefängnisstrafe bis zu 3 Jahren.

Bei Erfüllung einer Beratungspflicht wird innerhalb einer Frist von 12 Wochen von strafrechtlicher Verfolgung abgesehen, was bedeutet, dass eine generelle Rechtswidrigkeit bestehen bleibt. Dies hat gravierende Auswirkungen, denn so wird eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse verhindert, was eine soziale und geschlechtsspezifische Diskriminierung bedeutet.

 

 

1993 hatte das Bundesverfassungsgericht „die notwendig gewordene gesamtdeutsche Lösung in Form einer Fristenlösung außer Kraft gesetzt. “Hierbei „... wurde vom Gesetzgeber verlangt, wieder den Schutz des „vorgeburtlichen Lebens“ zur Grundlage zu nehmen: Demnach hätten Frauen die Rechtspflicht, das Kind auszutragen.“

Auch die herkömmliche 12-Wochen-Frist „ …beruht nicht unwesentlich auf der überkommenen Vorstellung, dass eine Beseelung im Sinne der Menschwerdung bereits nach drei Monaten erfolgt.“

 

Beide Wertungen bedeuten eine ideologisch einseitige Zuschreibung und widersprechen einem weltanschaulichen Pluralismus und dem gesellschaftlichen Wertewandel.

Diese Gesetzeslage ist aufgrund ihrer Widersprüche, Stigmatisierungen und Unstimmigkeiten stark reformbedürftig.

 

Gesetzliche Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches

 

Die grundsätzliche Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbbrüchen in § 218 StGB stigmatisiert ungewollt schwangere Personen und ihre Ärzt*innen und tabuisiert die medizinische Dienstleistung des Schwangerschaftsabbruchs.“ (Deutscher Juristinnenbund e.V.)

 

Seit Jahren geht die Zahl der Ärztinnen, die bereit sind einen Schwangerschaftsabbruch gemäß den derzeitigen Regularien vorzunehmen, zurück. Als Ursache gelten mangelnde gynäkologische Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, aber auch aggressive Einschüchterungsaktionen durch eine Bewegung radikaler Gegner*innen von Schwangerschaftsabbrüchen. Diese Aktivistinnen hatten viele Arzt*innen angezeigt, indem sie ärztliche Informationen als „Werbung“ umdeuteten, die nach § 219a StGB unter Strafe steht. In diesem Zusammenhang fordert das Bündnis für reproduktive und sexuelle Gesundheitsversorgung in NRW die Errichtung von Schutzzonen vor Beratungsstellen, ärztlichen Praxen und Kliniken, damit das Personal den gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung von Schwangerschaftsabbbrüchen erfüllen kann und Patientinnen ohne Belästigung Hilfe suchen können.

 

Inzwischen hat der Bundestag zwar die ersatzlose Streichung des § 219aStGB beschlossen, jedoch ordnet das BverG die Aufgabe der Versorgungssicherstellung den Ländern zu, die ihrerseits eine konkrete gesetzliche Ausgestaltung vornehmen müssen.

Um eine Rechtssicherheit für Frauen und behandelnde Ärzt*innen zu gewährleisten, bedarf es einer gestzlichen Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches.

 

Findung eines neuen Konsens

 

Die öffentliche Debatte zum §218StGB betrifft ethische und persönliche Grund- und Lebensfragen wie Frauenrechte und Menschenwürde, reproduktive Gesundheitsversorgung, Religion und Weltanschauung, die Entwicklungsstadien des Fötus, Inklusion und Behinderung, Selbstbestimmung und Verantwortung, Rechtspolitik und Medizin.

Notwendig ist ein neues Übereinkommen, das auf allgemeiner Nachvollziehbarkeit, Redlichkeit, Empathie und Rationalität beruht.

 

Eine neue Lösung außerhalb des Strafrechts sollte dem heutigen biomedizinischen Kenntnisstand, dem gesellschaftlichen Wertewandel und dem weltanschaulichen Pluralismus gerecht werden.                                             

 

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